Bünzli-Yogis / 23.03.2018
+Infusion: Yoga und Meditation haben die Schweiz erreicht
Gegenwärtig gibt es einen Meditations- und Yoga-Boom, auch in der Schweiz. Überall werden Meditations- und Yogakurse angeboten, wie beispielsweise beim Akademischen Sport Verein Zürich (ASVZ), bei der Autonomen Schule oder bei der Migros Klubschule. Zusätzlich existiert eine Vielzahl von eigenständigen Meditations- und Yogaschulen in der ganzen Schweiz, wie zum Beispiel das Zen Dojo in Zürich oder die Hatha Yoga Schule. Besucht werden diese Angebote nicht nur von abgefahrenen Hippies oder sogenannten „Hipsters“, sondern auch von Durchschnittsschweizerinnen und -schweizern, von Hausmännern und Geschäftsfrauen.
Bestandsaufnahme: Globalisierte Schweiz
Egal was man nun davon hält, Tatsache ist, dass die Schweiz heute globalisiert, interkulturell und multireligiös ist. Ein Drittel der gegenwärtigen Schweizer Bevölkerung hat Eltern oder Grosseltern aus anderen Ländern. Einerseits bringen diese Einwanderer ihren kulturellen und religiösen Hintergrund mit, welchen sie hier weiterleben. Andererseits haben diese Einflüsse und andere Effekte der Globalisierung auch Wirkung auf die eingesessene Schweizer Bevölkerung. Als Studentin der Religionswissenschaft interessiert es mich, wie „Westler“, ohne Bezug zu der jeweils „fremden“ Kultur oder Religion, deren Praktiken in ihren Alltag miteinbeziehen.
Adaption: Praktiken passen sich der Umwelt an
Zurück zu Yoga und Meditation: Wer morgens fünf Minuten meditiert und zwischen Arbeit und Feierabendprogramm noch schnell ins Yoga geht, würde das wohl kaum als religiöse Praxis bezeichnen. Sowohl Yoga als auch Meditation haben aber religiöse Ursprünge, sie stammen aus anderen Ländern und anderen soziokulturellen Kontexten. In einem neuen Umfeld werden sie kurzerhand angepasst. Bezogen auf den Zen Buddhismus und die berühmte sitzende Zazen Meditation gab es beispielsweise im Laufe des 20. Jahrhunderts viele Veränderungen. Daisetz Teitaro Suzuki, ein bekannter japanischer Zen Meister, der den Zen Buddhismus im Westen berühmt machte, hat die Zazen Praxis überhaupt erst für Laien geöffnet. Zuvor war sie nur für die Elite reserviert. In der Schweiz wird sie nun ebenfalls rege praktiziert und zwar auch von Menschen, die nicht mit ihrer Geschichte vertraut sind. Ist das respektlos oder sogar verleumdend? Oder ist das eine legitime Weiterentwicklung unserer Gesellschaft?
Fusion: Neues entsteht
Mir fällt es schwer, eine Antwort auf diese Fragen zu formulieren. Während meinem Religionswissenschaftsstudium habe ich die Methodik des wertfreien Beobachtens verinnerlicht. Ich beobachte, wie sich gewisse religiöse Praktiken im Laufe der Zeit und an verschiedenen Orten verändern. In meinen Augen ist diese Veränderung nichts Negatives, sondern eine Bereicherung. Gegensätzliche Einflüsse können etwas Neues und Wertvolles kreieren. Heute stellt sich jede und jeder eine eigene, individuelle Religion zusammen – nicht nur in der Schweiz, sondern zum Beispiel auch in Japan, dem Ursprungsland der Zazen Meditation. Ein Sprichwort drückt es so aus: In Japan wird man shintoistisch geboren, heiratet christlich und lässt sich buddhistisch bestatten – denn dann wird man wiedergeboren. Und wer weiss, vielleicht wird irgendwann einmal sogar der Böögg in Japan gefeiert und dazu Sushi statt Bratwurst gegessen ...