18.11.2019

Bhakti Yoga im Interreligiösen Dialog

Sicht eines Hare Krishna

Mein letzter Blog setzte sich tiefer mit dem Begriff „bhakti-yoga“ auseinander. Die dort verwendete Definition lautete: liebevolle Hingabe und Dienst für Gott. So würde ich, als Bhakti Yogi, dementsprechend auch meine Religion durch diesen Prozess charakterisieren. Oftmals, wenn ich mit Gläubigen anderer, insbesondere monotheistischen Religionen spreche, haben sie ein ganz ähnliches Verständnis davon, wie ihre Tradition in aller Kürze definiert werden könnte. Dieser Blog soll deswegen vom universalen Potential dieses Religionsverständnis handeln.

Worte des Gründers der Hare Krishna Bewegung

Shrila Prabhupada, der Gründer der ISKCON, wurde einmal gefragt, ob Gott nur auf eine einzige, bestimmte Art und Weise verehrt werden sollte. Er antwortete: eigentlich gibt es nur eine Art und Weise und das ist bhakti. So wie wir verschiedene Öffnungen im Körper haben, aber nur eine (den Mund) zum Essen nutzen, so gibt es nur einen Prozess, um Gott, der einer ist, zu verstehen. Prabhupada hat oft darauf verwiesen, dass es ganz natürlich ist, zu dienen. Jeder und jede dient irgendjemandem: seinem Chef, seiner Ehefrau, ihren Kindern und sogar den Haustieren-die Liste liesse sich endlos fortsetzen. Er sprach deshalb davon, dass man diese inhärente Fähigkeit des Dienstes nur umzulenken brauche und sie auf Gott richten sollte. Dies im Wissen darüber, dass, wenn man Gott dienen will, automatisch auch der Wunsch entsteht, all seinen Teilen und seiner Schöpfung zu dienen.

Liebevolle Hingabe und Dienst zu Gott in anderen Religionen

Im ISKCON Tempel in Zürich, in dem ich lebe, wird immer darauf hingewiesen, wie wichtig und zentral dieses hingebungsvolle Dienen ist. Umso spannender finde ich es, dass auch andere religiöse Traditionen sich intensiv damit auseinandersetzen oder sich sogar darüber definieren. So kann als Beispiel der Islam angeführt werden: dort steckt die Hingabe bereits im Wort selbst. Auch im Christentum ist Dienst ein wichtiger Punkt und steckt nach meinem Verständnis bereits in den ersten zwei Geboten: Liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst. Gemäss der Definition von Liebe aus dem letzten Blog, die ich dort mit selbstlosem Dienst identifziert habe, lässt sich also hier ebenfalls die zentrale Stellung des Dienstes erkennen. Und desweiteren spricht man nicht umsonst sowohl unter Christen als auch unter Juden vom ‚Gottesdienst‘ als der Messe oder der Zusammenkunft von Gläubigen. An dieser Stelle ist natürlich anzufügen, dass es auch innerhalb einer Religion verschiedene Interpretationen gibt und wahrscheinlich einige Anhänger dieser Traditionen nicht mit mir übereinstimmen würden. 

Zum Schluss ein Gebet

Im Shrimad Bhagavatam, einem theistischen Textkorpus aus Indien, gibt es ein wunderschönes Gebet, welches ich jeden Abend vor dem Schlafengehen rezitiere. Ich denke es spiegelt den Grundgedanken dieses Blogs schön wieder. Der kleine Königssohn Prahlad betet, dass das ganze Universum von Glück durchdrungen und dass alle missgünstigen Personen beschwichtigt sein mögen. Dass alle Lebewesen durch das Praktizieren von Bhakti Yoga (hingebungsvollem Dienst) an ihr gegenseitiges Wohlergehen denken und so zufrieden sein mögen. In diesem Sinne lädt er ein, sich im Dienste Adhokshajas (Demjenigen, der nicht von den Sinne wahregenommen werden kann; Gott) zu engagieren und so in Gedanken über ihn versunken zu sein.

Lukas Stöckli, Guide en Route