17.08.2020

Mein Ritual: das Rezitieren des Hare-Krishna-Mantras

Als Geweihter Krsnas in der Linie von Srila Prabhupada‘s ISKCON (Internationale Gesellschaft für Krsna-Bewusstsein) gehört das Chanten oder Rezitieren, wörtlich „Murmeln“ (Japa auf Sanskrit) des Hare-Krishna-Mantras zu einem der wichtigsten täglichen Rituale. Nicht umsonst ist die ISKCON als Hare-Krishna-Bewegung bekannt; wenn wir nicht zusamme den Mantra singen, können einzelne Geweihte oft dabei beobachtet werden, wie sie den Mantra alleine für sich rezitieren. Dieses sogenannte Chanten ist eine uralte Praxis und wird in vedischen Schriften als der Vorgang schlechthin bezeichnet, um in diesem Zeitalter Selbst- und Gotteserkenntnis zu erlangen. Dies deshalb, weil die Klangschwingung der Worte „Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare, Hare Rama Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare“ als nicht verschieden von Gott selbst betrachtet wird. 

Die drei Worte sind alle Namen Gottes und stehen im Vokativ, sind also in der Anredeform formuliert. „Hare“ richtet sich an den weiblichen Teil Gottes (Radharani), „Krishna“ bedeutet „der Allanziehende“ und „Rama“ heisst „die Quelle allen Glücks“. Das Prinzip, dass Gott nicht verschieden von seinem Namen ist, verstehen die Krishna-Geweihten als universell, weshalb sie Anhängern anderer Religionen empfehlen, auch andere Namen Gottes wie Allah, Jehova oder Jesus anzurufen, um die Verbindung mit ihm aufzunehmen. Der Fokus beim Rezitieren des Mantras richtet sich auf die Haltung, in der man chantet: als Geweihter frage ich Gott nicht danach, mir etwas zu geben, sondern vielmehr, wie ich ihm dienen kann und bitte ihn, mich in seinem Dienst zu beschäftigen. 

Das Ziel dabei ist, die schlummernde Liebe, die die Seele gemäss dem Verständnis der Krishna-Geweihten natürlicherweise für Gott verspürt, wiederzuerwecken und so wahrhaft glücklich zu werden. Denn das ist mein Verständnis echter Liebe: eigene Bedürfnisse zurückstellen zu können, um den oder die Geliebte glücklich zu machen; auf selbstische Verlangen zu verzichten und anderen zu dienen. Zugegeben, kein einfaches Unterfangen. Aber Mantrameditation bietet meines Erachtens den idealen Lernraum, um dieses Bewusstsein zu kultivieren; Mantra für Mantra, step by step.

Lukas Stöckli, Guide en Route