05.03.2019
Yoga: eine Frauendomäne?
Yoga ist nicht männlich…
Als Mann Yoga als Hobby anzugeben, kann einem schon Mal den einen oder anderen schrägen Blick einbringen, besonders von männlichen Kollegen. Typische Vorurteile sind beispielsweise, dass Männer für Yoga nicht beweglich genug seien, dass die Übungen nicht männlich oder zu wenig anstrengend und deswegen nicht männlich seien oder gar, dass Männer nur zum Yoga gehen, um schöne Frauen anzuschauen (no joke, hat man mir wirklich schon unterstellt). Ist Yoga also den Frauen vorbehalten? Eine Statistik aus Amerika von 2016 scheint genau dies zu bestätigen. Sie besagt, dass rund 72% der Yoga Praktizierenden in den USA weiblichen Geschlechts sind.
...oder doch?
Historisch betrachtet stellt dieses Resultat aber eine Ausnahmeerscheinung dar. In Indien, von wo sich Yoga über den ganzen Globus verbreitet hat, war und ist es in gewissen Kreisen auch heute noch sehr unüblich, weibliche Yogis anzutreffen. In der ganzen ursprünglichen vedischen Literatur wird Yoga als Männerdisziplin beschrieben, die oft sogar nur einer gewissen Gruppe von Männern, den Brahmanen und Ksatriyas, also den Führungspersönlichkeiten der Gesellschaft, zugänglich war. Im Mahabharata, dem grössten epischen Werk der Weltgeschichte, finden sich viele Szenen, in denen erläutert wird, wie sich die Krieger vor grossen Schlachten durch das Praktizieren von Yoga stärkten. Keine Spur also von fehlender Männlichkeit. Weshalb herrschen in unserer Gesellschaft dann diese sterotypen Vorurteile?
Yoga als praktische Philosophie
Ich glaube, dass sich aus dem Beispiel der Krieger aus vergangenen Zeiten sehr gut erklären lässt, wo das grundlegende Missverständnis herkommt: Im Gegensatz zur ursprünglichen Tradition wird Yoga heute oft (wenn vielleicht auch unbewusst) als rein physische Praxis verstanden. Doch eigentlich ist Yoga ein System, das, nur schon bevor man zur eigentlichen körperlichen Tätigkeit kommt, in seiner ursprünglichen Form nicht von moralischen, ethischen und metaphysischen Komponenten zu trennen ist. Deswegen war es im alten Indien ein geradezu normaler Bestandteil des Lebens, eben absichtlich nicht „nur“ körperliche Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit, sondern auch Verstand und Bewusstsein, ja die ganze Lebensführung entlang gewisser Werte zu schulen.
Männer, auf die Matte, fertig, los!
Der philosophische Hintergrund des Yoga ist es, dass sowohl hinter einer Frau als auch einem Mann letztlich ein Selbst steht, welches in seiner metaphysischen Qualität genau gleich geartet ist.
Es gibt auf historischer wie auch auf praktischer Basis keine Gründe gibt, aufgrund der Designation „Mann“ kein Yoga zu machen. Im Gegenteil: Gerade uns Männern, die wir doch oft ein wenig zu verkopft sind, was beispielsweise die Vorurteile Yoga gegenüber auf interessante Art und Weise demonstrieren, kann Yoga helfen, Körper und Geist zu trainieren und ein klares Bewusstsein zu erreichen.