22.01.2019

Wie ich zu den Hare Krishnas kam

Geographische und literarische Abenteuer
Nach dem Militärdienst wollte ich unbedingt ins Ausland und so verschlug es mich für zwei Monate nach Mexiko. Voller neuer Eindrücke und Inspirationen kam ich zurück und las kurz darauf ein Buch, «Die Kraft der Gegenwart» von Eckhart Tolle. Das Buch hatte ich von Emilio, einem Einheimischen, bei dem ich meinen Aufenthalt in Mexico City verbringen durfte, empfohlen bekommen. Zuerst wusste ich nicht recht, was ich davon halten sollte. Doch je länger ich las, desto begeisterter wurde ich. Ich wollte mehr über diese Themen erfahren und beschäftigte mich daraufhin vor allem mit östlichen Ideologien und Philosophien, las Texte von Osho, Krishnamurti und buddhistischen Lehrern. 
Mein bester Freund wollte eines Tages plötzlich Yoga mit mir machen- auch das war wieder ein Sprung ins kalte Wasser für mich und fühlte sich erstmal seltsam an. Nicht lange jedoch und ich konnte gar nicht mehr ohne. Und auch das literarische Abenteuer ging weiter: Interessiert daran, Hintergründe über Yoga und dessen Philosophie herauszufinden, stiess ich auf ein Buch von Armin Risi, der selbst lange Jahre als Mönch im Krishna Tempel gelebt hatte. „Der radikale Mittelweg“, so der Titel des Buches, erschloss mir ganz neue Welten und bot mir einen Einblick in die indischen Veden und den Theismus.

Die Bhagavad Gita: der Gesang Gottes in der Stille...
Nun ging es ans Eingemachte: Wieder zusammen mit meinem besten Freund nahm ich an einem Vipassana Retreat in Deutschland teil. Zehn Tage schweigen, sechs Stunden Meditation und zwei Stunden Yoga am Tag. Einen Grossteil der verbleibenden Zeit nutzte ich (ja für was wohl?) zum Lesen. Diesmal hatte wiederum ein ganz spezielles Buch den Weg in meine Hände gefunden: die Bhagavad Gita, übersetzt und kommentiert von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada- dem Gründer der ISKCON, der Gaudiya-Vaiṣnava-Bewegung im Westen. Wörtlich übersetzt bedeutet der Titel „Der Gesang Gottes“. Das Buch wird auch als „die Bibel der Hindus“ bezeichnet und beschreibt die Unterweisungen Krishna (Gott) an seinen Geweihten Arjuna. Ich wurde in den Bann gezogen von der zeitlosen Wahrheit und den klaren, teils eindringlich-vereinnahmenden, teils sehr liebevollen Erläuterungen. Gleichzeitig fühlte ein Teil von mir sich aber auch irgendwie angegriffen, herausgefordert, was die Lektüre für mich auf spezielle Weise lebendig und intensiv machte.

...und im Alltag
Nach dem Retreat besuchte ich dann zum ersten Mal den Tempel der Hare Krishnas in Zürich und wusste gleich, dass ich früher oder später eine Zeit hier verbringen wollte. Von einem Mönch bekam ich eine eigene Ausgabe der Bhagavad Gita, deren 700 Seiten ich in einem knappen Monat vor, während und nach der Arbeit geradezu verschlang und studierte. Dann übernachtete ich für ein Wochenende im Tempel und meldete mich daraufhin gleich zu einem dreimonatigen Kurs an, der ein halbes Jahr später begann. Es war diese Zeit, die mich inspirierte, dem Prozess weiter zu folgen und so praktiziere ich heute, ein Jahr später, immer noch täglich Bhakti Yoga, den Pfad der liebevollen Hingabe zu Krishna (Gott). 

Reflexion
Im Nachhinein kam ich also über einige Umwege zum Krishna Bewusstsein. Neben den vielen Personen, die mir immer wieder neue Türen und Wege öffneten, fühlte ich mich persönlich auch massgeblich durch die jeweiligen Bücher beeinflusst, die mich stets weitersuchen und finden liessen. Schlussendlich war es dann auch die gleichzeitige Einfachheit und Tiefe, die Universalität und Kohärenz der Bhagavad Gita, die ausschlaggebend dafür war, dass ich ein Hare Krishna wurde. Sie gab mir die nötige Vertrauensbasis und versäumt es bis heute nicht, eine Quelle der Inspiration zu sein.

 

Lukas Stöckli, Guide en Route